Das erstmals für das Berichtsjahr 2020 erstellte Lagebild „Häusliche Gewalt“ betrachtet ausschließlich Fälle, in denen Opfer und Tatverdächtige zum Tatzeitpunkt in einem gemeinsamen Haushalt lebten, unabhängig vom Beziehungsverhältnis, in dem sie zueinander standen. Somit werden hier neben Partnerschaften auch andere Beziehungsverhältnisse betrachtet (z.B. Eltern-Kind), in denen es zu Fällen von Häuslicher Gewalt kam.
Diese Herangehensweise der kriminalistischen Auswertung zum Themenkomplex Häusliche Gewalt unterscheidet sich von dem Lagebild Partnerschaftsgewalt. Das Lagebild Partnerschaftsgewalt betrachtet ausschließlich Opfer und Tatverdächtige, die in einer partnerschaftlichen Beziehung zueinander stehen (Ehepartner, eingetragene Lebenspartnerschaften, Partner nichtehelicher Lebensgemeinschaften oder ehemalige Partnerschaften).
Häusliche Gewalt ist kein eigener Straftatbestand. In Frage kommen zahlreiche Straftatbestände wie Körperverletzung, Nötigung oder Vergewaltigung, die ein polizeiliches Tätigwerden von Amts wegen auslösen. Der Ort des Geschehens kann auch außerhalb der Wohnung sein, z. B. auf der Straße, der Arbeitsstelle oder an anderen Orten. Häufig ist jedoch die Wohnung selbst der Tatort.
Das Lagebild „Häusliche Gewalt“ umfasst folgende Straftatbestände:
- Mord und Totschlag,
- Vergewaltigung,
- Sexuelle Nötigung (darin enthalten sexueller Übergriff),
- Sexueller Missbrauch von Kindern,
- Sexueller Missbrauch von Jugendlichen,
- Zuhälterei,
- Zwangsprostitution,
- Körperverletzung mit Todesfolge,
- Gefährliche und schwere Körperverletzung,
- Misshandlung von Schutzbefohlenen,
- Vorsätzliche einfache Körperverletzung,
- Freiheitsberaubung,
- Nötigung,
- Bedrohung,
- Nachstellung (Stalking) und
- Sonstige Straftaten (mit Opfererfassung).
Fakten zu „Häuslicher Gewalt“:
- Häusliche Gewalt ist keine Privatangelegenheit und kein Bagatelldelikt!
- Die Täter/ Täterinnen werden strafrechtlich verfolgt.
- Häusliche Gewalt wird unabhängig von Alter, Geschlecht, Beziehungsverhältnis, sexueller Orientierung, sozialer Schicht oder Herkunft verübt.
- Die Mehrheit der polizeilich registrierten Tatverdächtigen ist männlich.
- Häusliche Gewalt ist ein Dauer- bzw. Wiederholungsdelikt.
- Auch Kinder sind von Häuslicher Gewalt betroffen, wenn sie in ihrer Familie Gewalt als Konfliktlösungsmuster kennen lernen, Gewalt selbst erfahren oder beobachten. Kinder brauchen qualifizierte Unterstützung, um ihre Gewalterfahrungen verarbeiten und bewältigen zu können.
- Grundsatz für polizeiliches Handeln: „Wer schlägt, der geht!“ (Wohnungsverweisung). Wohnungsverweisung und Rückkehrverbot können bei allen Arten von Lebens- und Wohngemeinschaften - ungeachtet von Familienstand, Verwandtschaftsgrad, sexueller Orientierung oder Eigentumsverhältnissen - angeordnet werden.
- Die Polizei vermittelt Opfer individuell an Opferhilfeorganisationen.